Der Weg aus der Essstörung durch die Stimme im Kopf

Die 8. Klassen hatten – wie seit Jahren am Karl-Ernst-Gymnasium – Gelegenheit, die Theateraufführung „Brechreiz“ zu sehen, die sich mit den Themen der Essstörung und Depression auseinandersetzt. Die zwei Schauspielerinnen Marie-Theres Schwinn und Janina Keppel vom Spoken Word Theater gastierten aus Rostock bzw. Köln, um den Schülern in einer Doppelstunde das heikle Thema auf sehr realitätsnahe Art und Weise näher zu bringen.

Zu Beginn des 45-minütigen Klassenzimmerstückes erklären sie, dass sie dieselbe Person, nämlich die 19-jährige bulimische Sophie, spielen werden und aus diesem Grund auch die gleiche Kleidung anhaben. Nach der kurzen Einführung beginnt das Stück mit einem Lied über und von Sophie. Im weiteren Verlauf ist ein Bewerbungsgespräch der Anlass dafür zu verdeutlichen, wie eine Erkrankte mit Essstörungen und Depressionen umgeht. Eine Person stellt Sophies innere Stimme dar und gibt schonungslos die Wahrheit über ihre Krankheit, Zeit in der Psychiatrischen Klinik bzw. über den Drang zur Perfektion preis. Die andere Person allerdings ist die äußere Stimme, die einem selbst einredet, was man zu so einem Anlass besser erzählen sollte, um gut dazustehen: die erfolgreiche eigene Schulkarriere oder die Fähigkeiten, die man für den gewünschten Praktikumsplatz benötigt. Eine weitere, alltägliche Situation wurde den Schülern in Form des Essens am Tisch deutlich. Die pessimistische Stimme in Sophie weigert sich standhaft, einen Keks zu essen, da sie sich einredet, zu dick zu werden. Nach langem Hin und Her isst Sophie den Keks und denkt nur noch an das Übergeben. Dies wurde durch Sophies immer wieder benutztes Wort „Kotzen“ mehr als eindringlich klar. Durch eine Essstörung werden das Essen und danach Erbrechen zu einer Art Sucht, da die betroffene Person sich so lange erbricht, bis sie nichts mehr fühlt. Ziel ist es auch, die Realität zu vergessen. Sophie redet sich selbst ein, mit ihrem Normalgewicht nicht geliebt zu werden. Zur Folge hat dies einen großen Gewichtsverlust. Dadurch bekommt sie mehr Komplimente von Mitmenschen. Diese Aufmerksamkeit bestärkt die 19-Jährige in ihrem Vorhaben, nicht mehr zu essen. Doch schließlich wird durch die lauter werdende optimistische Stimme im Kopf klar für Sophie, dass das Nichts-Essen zum Tod führen wird. Sie versteht, dass man Hilfe annehmen muss, um Heilung zu erfahren, denn schließlich hat man nur ein Leben… und das gilt es zu leben.

Im Anschluss an das schülernahe Theaterstück hatten die Schüler genügend Zeit, Fragen an die beiden Schauspielerinnen zu richten.  Eine von den zweien, die selbst ehemalig an Essstörungen litt, gab persönliche Einblicke in die Krankheitsbilder. Beide informierten über verschiedene Arten von Essstörungen wie unter anderem Binge Eating, Bulimie, Magersucht oder auch das zwanghafte Muskelaufbauen und ausschließlich Gesund-Essen. Betroffenen, so ein Rat der beiden, tut es häufig gut, mit Verwandten oder Freunden zu reden. Jedoch wollen die Erkrankten sich oft selbst ihre Krankheit nicht eingestehen. Daher hilft es als nahestehende Person, vorsichtig nachzuhaken oder auch einfach nur zuzuhören, wenn die andere Person reden möchte.

Hilfe für Betroffene oder auch Angehörige bietet auch www.bzga-essstoerungen.de.

Julia Wörner, Q11

Fotos: Julia Wörner